Donnerstag, 23. Juli 2015

Artikel "Quo vadis Stadtkirche Rastenberg?" in der Thüringer Allgemeine vom 23. Juli 2015

Freitag, 17. Juli 2015

Quo vadis Stadtkirche Rastenberg?


Neues vom Orgelförderverein

Quo vadis Stadtkirche Rastenberg?

 „Wie, die Kirche soll verputzt werden? Das war sie aber noch nie!“, „Die Blau – Weiße – Musterung in der Kirche sieht gut aus, warum soll diese jetzt weg?“ oder „Unsere Kirche heißt nicht Coudray-Kirche!“ sind Aussagen, die in den letzten Wochen die Mitglieder des Orgelfördervereins in Rastenberg gehört haben. Am 17. Juli 2015 fand im Anschluss an den Bauausschuss für die Kirchenrenovierung eine erste öffentliche Bürgerinformation statt. Eingeladen hatten der Bürgermeister Uwe Schäfer und der Pfarrer Andreas Simon. Etwa 30 Interessierte hörten den Ausführungen der Fachleute zu und stellten ihre Fragen.

Die Bürgerinformation begann mit der Besichtigung der Westseite unserer Kirche. Hier erklärte der Diplomrestaurator Sven Raecke den Bauzustand der Außenwand. Die Außenwände der Kirche bestehen aus glattgeschliffenen Rahmungen und grobbearbeiteten Sandstein in den Zwischenflächen. Ursprünglich sollten diese Zwischenflächen mit einem 2 – 5 mm starten Schlämmputz versehen werden. Dieser Schlämmputz wurde in  anderen Kirchen der damaligen Zeit aufgetragen, um die Außenfassaden vor der Witterung zu schützen. Bei einer Baubegehung im Jahre 1826 wurde die Arbeit der Maurer als so gut bezeichnet, dass man auf das Verputzen verzichteten konnte (vgl. Vette, Bothe, Lobenstein, Schriftenreihe des Heimatvereins Heft 2 – 2011, S. 76 ff). Es ist gut anzunehmen, dass in Rastenberg dieser Außenputz in Folge des Ablebens des Mäzens Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach aus Geldmangel nicht aufgetragen wurde. Nach nunmehr annähernd 200 Jahren merkt man das Fehlen dieses Schutzes, der Sandstein löst sich auf und lässt Wasser und Wind durch. Das wirkt sich auf die dahinter befindliche Orgel aus. Ab 10. August dieses Jahres soll nun geprüft werden, welche Art von Schutz aufgetragen werden muss. Die Westseite der Kirche erhält also eine Musterachse, die als Grundlage für spätere Diskussionen dienen soll.
Die Erstellung der Musterachse dient zusätzlich der Sicherung  der Fenster. Teilweise sind die schon in den 30’er Jahren des vorigen Jahrhundert repariert worden, benötigen aber einer Überarbeitung. Man erkennt an dieser Fensterfront deutlich das „Fachwerkprinzip“ der Steingestaltung, glatt geschliffene Sichtsteine grenzen die Innenbereiche sichtbar ab.

„Die Türen müssen noch gründlich untersucht werden“, sagte Frau Dr. Melissa Speckhardt. Im Rahmen ihrer Promotion fand sie heraus, dass diese einen monochromen Anstrich hatten. Das damals eingesetzte Grün muss nun noch bestätigt werden. Die monochrome Gestaltung der Türen passt sich in das Gesamtkonzept ein, welches eine einfarbig gestaltete Kirche vorsah.

Frau Dr. Speckhardt erklärte dann, dass der Altar und das gegenüberliegende Orgelprospekt einer dringenden Renovierung bedürfen. In einer der  letzten Renovierungen (um 1978) setzte man Holzschutzmittel und Farben ein, die nicht aufeinander abgestimmt waren. Das wusste man damals nicht, und nun löst sich die Farbe vom Holz. Das eingesetzte Holzschutzmittel enthielt Formaldehyd und muss  in den kommenden Jahren aus dem Holz herausgeholt werden, sonst halten auch zukünftig  keine Farben auf dem Holz, und die vorhandenen Schäden werden größer.

Im Rahmen der Erstellung der ersten Musterachse  wurden gestalterische Elemente vorgefunden, die vermutlich aus der Zeit der Erbauung der Kirche stammen. Diplomrestaurator Sven Raecke erklärte nun, dass sich dank der um 1936 stattgefunden Bausicherungsmaßnahmen der Turm und die angrenzende Ostseite der Kirche  stabilisiert haben. Die damals erfolgten Maßnahmen werden zunächst  als vorhandene Grundstruktur in das gestalterische Konzept übernommen.

Die Architektin  Frau Dr.-Ing. Anja Löffler, der die Bauplanung übertragen worden ist, führte durch die Veranstaltung und erklärte den Gästen die geplanten einzelnen Bauphasen. So wird dieses Jahr noch die Musterachse an der Westseite der Kirche fertiggestellt und im kommenden Jahr mit dem Bauabschnitt 1 an der Orgel  im Innenbereich begonnen. Vor der Orgelrestaurierung sollen dann noch in einem 2. Bauabschnitt die Treppenanlage im Haupteingangsbereich und die vollständige Westseite restauriert werden Das Dach bekommt eine Reparatur. 

Alle erstellten Musterachsen dienen der fachlichen und konstruktiven Basis für eine Diskussion über die Gestaltung der Kirche.

Zum Abschluss der Bürgerinformation sprach Christoph Zimmermann, Referent für Orgeln der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, über den Stand der Orgelsanierung. Aufgrund der baulichen Maßnahmen innerhalb und an der Kirche werden die Arbeiten an der Orgel erst 2017 beginnen. Mit dem vorliegenden Restaurierungskonzept ist es möglich geworden, den Originalzustand von 1827 zu erhalten, was die Bedeutung der Orgel weiter wachsen lässt. Unterstützt durch Fördergelder und von Forschungsmitteln soll auch versucht werden, die Windanlage der Orgel in den originalen Zustand zurückzuführen. Der Wind innerhalb der Orgel wird seit den 1930‘er Jahren von einem Gebläse erzeugt. Die damit einhergehende bauliche Veränderung ist aber nicht typisch für eine solche Orgel dieser Zeit. Neben dem Gebläse besitzt die Rastenberger Orgel ihren ursprünglichen Balgantrieb. Durch ein neues Antriebskonzept über einen Linearantrieb kann der ursprüngliche Balgantrieb genutzt werden. Für die Erforschung der Steuerung dieses Antriebes werden gerade Möglichkeiten der Förderung  geprüft. Dieses Konzept ist einmalig und könnte als Referenz  für viele andere Orgeln weltweit dienen.

Wohin es gehen wird, ist nun deutlicher geworden. In den kommenden Jahren werden die Kirchgemeinde und der Orgelförderverein weiterhin  gemeinsam an der  Förderung einer  Restaurierung und weiteren Erhaltung der historischen Orgel sowie der Wiederherstellung des gestalterisch einheitlichen Gesamtkonzeptes der 1824 von Coudray entworfenen Stadtkirche zu Rastenberg  arbeiten. In diesem Sinne „Domine, quo vadis?” (Johannesevangelium 13, 36; nach der Einheitsübersetzung: „Herr, wohin willst du gehen?”).
Überlegungen dazu finden wir schon im Vorwort zu „Suchet der Stadt Bestes“ (Schriftenreihe des Heimatvereins  Rastenberg Nr. 6) von Pfarrer Christian Plötner.“ Die Beschäftigung mit dem Erbe unserer Vorväter als Last, denn als Lust empfunden, was den Erhalt der Kirchengebäude angeht, sollte uns dabei helfen, die Frage nach einem „Mehrwert“ in unserem Leben wachhalten. Denn unsere Kirchtürme sind letztlich nichts anderes als unübersehbare „Fingerzeige“ einer anderen, weil weiter reichenden und tiefer greifender Wirklichkeit unseres Lebens. Doch um dieses Erbe zu bewahren, dazu bedarf es der gemeinsamen Anstrengungen aller Menschen am Ort. Denn unsere kleiner werdenden Kirchgemeinden werden diese Aufgabe nicht allein schultern können.
Die Arbeiten der Restauratoren kann man in der nächsten Zeit an der Westseite der Kirche (Haupteingang) beobachten. Auch in der Kirche steht erneut ein Gerüst, um die Untersuchungen im Innenraum fortzuführen.
Am Tag des offenen Denkmals, am Sonntag, dem 13. September, erläutern die Restauratoren ihr Handwerk  und die bis dahin sichtbar gewordenen Ergebnisse. Ab 10.00 Uhr ist an diesem Tage die Kirche geöffnet. Neben einem interessanten Angebot für unsere Kinder wird es auch wieder die  Kaffeerunde  und um 16.30 Uhr  ein Konzert der besonderen Art mit ehemaligen Rastenberger Kantorinnen geben, die auf diese Weise ihre Verbundenheit zu unserer historischen Schulze-Orgel zu Gehör bringen wollen.                                                                     
 Jens Nürnberger  Orgelförderverein